Nia Künzer besucht die Wohnungsnotfallhilfe des Diakonischen Werks
Bei dem Wetter dauerhaft draußen schlafen – geht das überhaupt? Das fragte sich auch Nia Künzer bei ihrem Besuch in der Wohnungsnotfallhilfe des Diakonischen Werks Marburg-Biedenkopf. Die ehemalige Fußballspielerin der Frauen-Nationalmannschaft erhielt einen Einblick in die Arbeit der Tagesaufenthaltsstätte für wohnungslose Menschen (TAS) und der Fachberatung Wohnen. Zudem konnte sie sich vor Ort einen Eindruck von dem Containerprojekt verschaffen. Bereits im zweiten Winter stellt das Diakonische Werk wohnungslosen Menschen im Stadtgebiet zwei Schutzcontainer für den Aufenthalt und zum Übernachten zur Verfügung.
Künzer zeigte sich sehr interessiert an der Arbeit des Diakonischen Werks und stellte viele Rückfragen. Vor allem Fußballfans dürfte sie noch mit ihrem „Golden Goal“ gegen Schweden im Finale der Weltmeisterschaft 2003 in Erinnerung sein. Inzwischen arbeitet die Diplom-Pädagogin als Dezernatsleiterin beim Regierungspräsidium Gießen und ist dort unter anderem für die Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge zuständig. Gemeinsam mit anderen Prominenten unterstützt sie zudem das Projekt „#wärmespenden“ der Diakonie Hessen und der Landesstiftung Miteinander in Hessen. Spenden von Privatpersonen werden verdoppelt um davon winterfeste Schlafsäcke, Isomatten, Zelte oder Gaskocher anzuschaffen. Diese werden an obdachlose Menschen weitergegeben. Die Diakonie Hessen verdeutlicht, dass gerade bei dieser Witterung ein winterfester Schlafsack überlebenswichtig sein kann.
Einen solchen Schlafsack überreichte Künzer symbolisch bei ihrem Besuch in Marburg an Gaby Jürgen, die dienstälteste Mitarbeiterin der TAS. Gemeinsam mit Sozialarbeiter Alexander Becker konnte die ehemalige Profi-Kickerin die Container besichtigen. „Es ist eine niedrigschwellige Möglichkeit, um nicht auf der Straße schlafen zu müssen“, erläuterte Becker das Konzept der Schutzräume, die sich abschließen und heizen lassen. Die beiden Container seien dauerhaft von unterschiedlichen Personen belegt. Er verdeutlichte, wie wichtig ein solcher Zufluchtsort ist, um sich von dem anstrengenden Leben auf der Straße zu erholen. Wenn die Menschen auf diesem Weg erstmal den Zugang zum Hilfeangebot des Diakonischen Werks hätten, könnten sich nach einer Phase der Stabilisierung mitunter nochmal neue Möglichkeiten eröffnen.
Nia Künzer fragte sich bei dem Besuch, wie es den Menschen möglich ist, bei diesen Temperaturen dauerhaft auf der Straße zu leben und zu schlafen: „Wir stehen hier seit einer halben Stunde und sind durchgefroren. Wenn ich mir vorstelle, bei diesem nasskalten, windigen Wetter den ganzen Tag draußen sein zu müssen. Kann man da überhaupt an Schlaf denken?“ Die Corona-Pandemie erschwert die Lebenssituation wohnungsloser Menschen noch einmal erheblich. Das zeigte Fachbereichsleiter Helmut Kretz auch am Angebot der TAS auf. Mahlzeiten können lediglich in einem Außenzelt eingenommen werden, welches mit Heizstrahlern und zwei Luftentkeimern ausgestattet ist. Lediglich sechs Besucher an Einzeltischen dürfen sich gleichzeitig im Zelt aufhalten. Daher werden 20-minütige Zeitfenster zum Essen ausgegeben. Für die Mitarbeitenden bedeutet das einen erheblich höheren Arbeitsaufwand. Dennoch möchten sie gerade ein grundlegendes Angebot wie eine warme Mahlzeit täglich für die wohnungslosen Menschen bereithalten. Toilette, Dusche, Waschmaschine und die Kleiderausgabe können weiterhin unter Einhalten der entsprechenden Hygieneregeln genutzt werden. Der prominente Gast zeigte sich beeindruckt vom Engagement der Mitarbeitenden. Klar war am Ende des Tages: Der Bedarf ist vorhanden, wie die Besucherzahlen der TAS und der Fachberatung Wohnen zeigen.